Samstag, 26. Februar 2011

So nah und doch so fern!

Stell dir vor du bist 150 Km von Christchurch entfernt. Stell dir vor es gibt ein grosses Erdbeben. Stell dir vor du bekommst das als Letzter mit, weil du am Strand weder Fernsehen noch Internet hast. Kaufste dir halt ne Zeitung
Kurz gesagt: Uns geht es gut. Die einzigen Auswirkungen, die wir hier zu spueren bekommen sind fehlende Lebensmittel (hauptsaechlich Wasser und Brot) im Supermarkt und steigende Benzinpreise. (Von 1,35 auf 1,81 NZ$ der Liter) Gibt es halt Bier und Pizza. Abgesehen davon machen wir den ueblichen Bloedsinn. Viel Spass.

Sonntag, 13. Februar 2011

Du Wurm!

Es muss schon ein sehr eigenartiges Bild für Bauer und Kuh sein, wenn an einem sonnigen Tag sechs Männer und eine Frau in schwarzen Neoprenanzügen und weißen Gummistiefeln über ihre Koppel marschieren. Genau das taten wir zusammen mit einem Schotten, einem Franzosen, einer Isländerin und unserem Gruppenführer Scott. Wissentlich das wir aussehen wie die Beasty Boys im Intergalactic Planetary Video konnte uns nichts davon abhalten an einer Tour ins tiefste Innere einer Glühwürmchenhöhle teilzunehmen. Mit einer Off-Road Variante unseres Vans ging es erstmal 15 Minuten eine kurvige Schotterpiste entlang. Der Bus hatte Allradantrieb und unser Fahrer Scott wohl Rally Erfahrung, was schon die Anfahrt zu einem echten Highlight machte. Wir hielten an einem kleinen Grundstück auf dem Umkleidekabinen und zwei große Container standen. Zu unseren mitgebrachten Badehosen und Socken bekamen wir jeweils einen ganzkörper Neoprenanzug, ein paar Gummistiefel, eine Neoprenschutzjacke, einen Helm mit LED-Lampe, eine lange Unterhose, die wir zum Schutz über den Anzug ziehen mussten und Bergsteigergeschirr zum Abseilen und Klettern. Nächster Stop, eine nichtssagenden Wiese! Dort bekamen wir dann die obligatorische Einweisung ins „Abseiling“ und zum warm werden wurden die ersten Gruppenfotos geschossen. Langsam stellte sich die Frage, wo zum Teufel eigentlich diese Höhle ist für die wir bezahlt hatten. Um uns herum gab es nur saftige grüne hügelige Wiesen und ein paar Bäume. Doch nachdem wir den Crashkurs mit Bravur meisterten wurde uns schnell klar aus was wir uns eingelassen haben. Nur ein paar Meter weiter führte eine Treppe einen unscheinbaren Hügel hinunter. In einem kleinen Hein aus Bäumen tat sich uns eine kleine Felsspalte auf, die über 30 Meter in die Tiefe führte. Hier war also der Moment, der die Knie weich und das Herz schneller schlagen lies. Wir hatten uns gut Vorbereitet und ein paar Abende zuvor "The Descent" gesehen. Wir wussten also was alles auf uns zu kommen kann und hätten gerne ein paar Eispickel dabei gehabt.
Eddy machte den Anfang und hing sich in die Seile. Souverän wie immer seilte er sich ab und machte dabei sogar eine gute Figur. Entgegen der Anweisung unseres Guides lief er dann erstmal in die falsche Richtung. Mein Abstieg verlief nicht ganz so reibungslos. Unwissendlich wie man sich im freien Hang austariert kam ich ins Schleudern und bewegte mich wie ein Propeller am Seil herunter. Das leichte Gefühl der Orientierungslosigkeit wich aber schnell der totalen Überwältigung. Eddy und ich standen jetzt knietief in einem unterirdischen Fluss, der aus einer Höhle strömte um dann in der nächsten wieder zu verschwinden. Da sich die Anzüge durch die Sonne gut aufgeheizt hatten, war der kalte Höhlenstrom wie eine Erlösung. Ich beförderte mich und Richard, der mittlerweile auch unten angekommen war, mit einem „Flying Closeline“ direkt ins Wasser. Als alle unten waren, durften wir unser doch relativ unbequemes Klettergeschirr gegen einen viel komfortableren Traktorreifenschlauch eintauschen. Bewaffnet mit diesem, schwarzen, monströsen Pneu zogen wir in die erste Höhle. Das Wasser hatte eine nicht unbeachtliche Strömung, was uns mittlerweile katastrophenerprobten Naturburschen allerdings nichts anhaben konnte.
Langsam versiegte das Tageslicht und wir machten das erste Mal Gebrauch von unseren Helmstrahlern. Fünfzig Meter weiter gingen Diese ganz schnell wieder aus, denn wir bekamen die ersten Glühwürmchen zu sehn. Die Decke der Höhle war aber vorerst zu hoch um sie aus der Nähe betrachten zu können. Also zogen wir tiefer in die Höhle. Scott scheuchte uns ca. 15m eine Anhöhe hoch. Der Weg endete in einem viel zu kleinen Loch im schroffen Fels. Zum Glück war ja in der Höhle überall Wasser. Denn nachdem wir uns durch dieses Loch gezwängt hatten, waren wir von oben bis unten mit Höhlenschlamm beschmiert.
Wir haben schnell festgestellt, dass man auch ohne die Schwimmringe, nur mit Hilfe unserer Anzüge, im Wasser treiben konnten. Es war wahnsinnig entspannend, das Licht auszumachen, sich auf den Rücken zu legen. An der Decke funkelten tausende Glühwürmchen wie das Firmament eines anderen Planeten. Zu diesem einmaligen Naturschauspiel gab uns Scott noch die nötigen Biofakten zu diesen Interessanten Wesen. Mal sehen ob ich das noch zusammen bekomme.
Der gemeine neuseeländische Glühwurm lebt hauptsächlich in Höhlen, weil er immer Feuchtigkeit braucht um seinen Körper zu schützen. Er reagiert sehr empfindlich auf Sonnenlicht. Der Wurm ist in der Lage eine Art Faden zu produzieren, ähnlich dem der Spinne. Mit dieser 15 bis 40 cm langen Falle angelt sich das Würmchen, von der Höhlendecke aus, seine Nahrung. Angelockt wird die Beute durch bioflourisierende Essenz, was bei so vielen Tieren schon mal eine ganz Höhle beleuchten kann.
Man darf diese Tiere nicht mit unseren Glühwürmchen vergleichen. Wir reden hier von schleimigen, durchsichtigen, 5 cm großen Larven. Diese werden früher oder später zu Fliegen, die bis zu 5 Tagen leben um neue Larven zu legen wenn sie sich nicht in den Fäden ihrer eigenen Nachbarn verfangen. Ziemlich trostlosen Leben als Glühwürmchen sag ich euch und raus kommen die Stubenhocker auch nicht .
Für uns ging es tiefer in die Höhle und zu unserem Erstaunen gab es hier noch mehr Lebewesen. Wir hatten das Glück Aale betrachten und streicheln zu können! Diese Tiere besitzen dort unten anscheinend keine Feinde und sind deshalb sehr zutraulich. Also Aal zum Abendbrot!
Anschließend haben wir uns mit Hilfe der Strömung auf unseren Reifen zurück zum Einstieg spülen lassen. Jetzt ging es stromabwärts in die andere Richtung der Höhle. Die Strömung war so stark, dass wir eine Kette bilden konnten und auf unseren Reifen wie ein Eisenbahnexpress immer weiter in die Höhle geschossen sind. Wir kamen dann an einen Punkt wo das größte Glühwürmchenvorkommen der ganzen Höhlen zu bestaunen war und Scott zeigte uns wie die Würmchen auf Geräusche reagieren. Er schlug kräftig aufs Wasser und es wurde dunkel. Nach und nach fingen die Glühwürmchen wieder an zu leuchten und Scott meinte wenn man lange genug wartet, wird es sogar so hell, dass man problemlos ein Buch lesen kann.
Aber für uns hieß es weiter rein in die Höhle. Weitere Felsspalten wollten erobert werden und wir mussten hier und da schon mal den Bauch einziehen oder abtauchen. Ich hatte teilweise echt meine Bedenken, dass ich stecken bleiben könnte, was zum Glück nicht der Fall war.
So langsam näherten wir uns denn auch dem Ende der Höhle. Nicht das die Höhle an diesem Punkt zu Ende gewesen wäre, aber leider haben wir während des Apnoe-Tauchkurses in der Schule damals Kreide geholt. Da keiner der Gruppenmitglieder in der Lage war 10 Minuten lang die Luft anzuhalten um einen unterirdischen Wassertunnel zu durchschwimmen und meiner Taschentaucherausrüstung die Luft ausgegangen war drehten wir also ab.
Wir durchtauchten eine kleine Gesteinsformation und eroberten einen Felsvorsprung. Hier wurden wir mit heißem Orangensaft und einem Stück Schokolade belohnt. Scott gönnte uns endlich eine kleine Pause! Gruppenbild, kurze Unterhaltung und weiter ging es zurück in Richtung Ausgang.
Auf dem Rückweg bestaunten wir mineralisierte Hölzer, Stalaktiten und Stalakmiten die 1000ende von Jahren auf dem Buckel haben. Zum Abschluss stand noch eine kleine Kletterpartie an. Irgendwie muss man ja auch wieder raus aus der Höhle. Die fast gerade Felswand sah nicht so aus als ob sie wirklich bestiegen werden wollte und unsere Gummistiefel hielten das auch für keine gute Idee. Ungeachtet dessen wurden wir an einem Seil gesichert und machten uns an den 30 Meter Aufstieg. Oben angekommen wurde noch ein Abschlussfoto mit entsprechender Pose geschossen und beendet war unser Abenteuer!
Als Bonus gab es eine heiße Dusche, was auch höchste Zeit für uns wurde denn das hatten wir die letzen drei Tage zuvor nicht geschafft. Wieder sehr rasant ging es zurück zum Office. Man merkte, dass Scott auch endlich Feierabend machen wollte.
Wir durften uns dann noch gemeinsam die Bilder ansehen und erhielten als kleine Stärkung eine relativ schlechte Tomatensuppe. Abgesehen von diesem Instant-Heißgetränk , wird uns dieses einmalige Erlebnis wohl für immer im Gedächtnis bleiben. Diese Abenteuertour war wie eine Reise zu einem anderen Planeten.